Tuesday, July 15, 2008

BERLIN BRIEFE

On being a parent and an artist at the same time

Katrin Stehle

„WHY ARE YOU SO STRANGE AT THE MOMENT?“

- Mum writes a sad novel -

The publishing industry is slow. A few year ago I submitted an expose and some pages for a young-adult-novel. Finally they want to publish it. The novel is sad, it’s about someone whose twin-brother kills himself.

During the process of writing and as I try to get into the mood of the book, I usually kind of turn into my characters while I used to write in one big session. It was a bit like a trip lasting for about 7 days. Afterwards my flat looked like a dump – I was on a high before I got very, very tired, but could not slep because I finally realise how the novel would be so much better, if I just...

Now I have a one and half year old son. And I am living together with my boyfriend. I can’t have these long writing sessions anymore, I have to write in between, for short time-spans. It takes me about half an hour to get into the flow. When I am completely immersed in my writing I have to stop, go to the playground, cook or clean up the mess while my son is hanging on my leg or chasing me around with a water-pistol. I try to save my computer and my books...

My boyfriend comes home from his studio and asks: „What’s going on? Why are you so sad again?“

„I am not sad. I am writing“.

„But why are you doing that when it makes you sad?“

What should I say? I love to be sad? Because I love to write?

Then the „I-am-a-bad-mother-thought“ hits me. If I am not happy and balanced in a minute he won’t sleep at night. And who knows what kind of damage it will do to him? I try to breathe. Finally I am balanced again and then there is some time, writing-time. I need half an hour to get back into writing-mood...

My son will have to learn to live with it, I tell myself, and that it would be worse if I did not write. Then I would always be in a bad mood but as long as I write there is always the chance of a happy book...

And that way kids learn that their mother is a human being, who has her own interests. And that’s good says one book I have been reading.

If you ask me, I would swap mums. I would kind of like to have myself for a mother. Even if mine was a stay-at-home mother whos house was always tidy. But you can not choose. Sadly. Maybe I am going to tell that to my son, if he is old enough to complain...

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Katrin Stehle is a writer who has published 5 children/teenager/young-adult novels so far and is developing performance theatre pieces in an interactive process. At the moment she is trying to survive financially, balancing her work with being a mother to her one year old son and living with her partner, who is a visual artist. If you like to contact Katrin visit her website at www.katrinstehle.de or email her at katrin.stehle@web.de


German Version:

„Warum bist du schon wieder so KOMISCH?“
- Mama schreibt ein trauriges Buch -

Die Buchindustrie arbeitet langsam. Vor Jahren habe ich ein Expose und ein paar Probeseiten geschrieben. Nun soll es bald veröffentlicht werden. Das Buch ist traurig, es handelt von einem Mädchen, deren Zwillingsbruder Selbstmord begeht. Während dem Schreiben verwandle ich mich teilweise in meine Charaktere, versuche so in die jeweilige Stimmung zu kommen.

Früher habe ich durchgeschrieben, Schreiben war ein ungefähr sieben Tage langer Rausch, bei dem ich abends vom Computer ins Bett gefallen bin und morgens wieder an den Schreibtisch. Danach sah meine Wohnung aus wie ein Schlachtfeld und ich war high. Bevor die große Erschöpfung folgte. Lag ich dann im Bett ließen die Zweifel mich nicht einschlafen, das Buch wäre so viel besser, wenn ich nur...

Jetzt habe ich einen eineinhalbjährigen Sohn und lebe mit ihm und meinem Partner zusammen. Ich schreibe nicht mehr am Stück sondern in den Zwischenräumen. Es dauert eine halbe Stunde bis ich in die richtige Stimmung komme. Und wenn ich so richtig im Schreiben drin bin, heißt es aufhören. Spielplatzgehen oder Kochen oder zu versuchen das Chaos irgendwie zu beseitigen, während mein Sohn an meinem Bein hängt oder mich mit einer Wasserpistole jagt. Ich rette meinen Computer und meine Bücher als erstes...

Mein Partner fragt: „Was ist denn los? Warum bist du schon wieder so traurig?“.

„Ich bin nicht traurig, ich schreibe.“

„Aber warum tust du das, wenn du davon traurig wirst?“

Was soll ich sagen? Ich bin gerne traurig? Weil ich gerne schreibe?

Das „Ich-bin-eine-schlechte-Mutter-Gewissen“ schlägt zu. Wenn ich jetzt nicht fröhlich und ausgeglichen bin, schläft der Kleine abends wieder nicht und er wird total verunsichert und wer weiß was das für Spätfolgen hat? Ich atme durch, schlucke zweimal. Kaum habe ich die Balance wieder hinbekommen, ist die nächste Lücke. Ich brauche eine halbe Stunde um das Schreibgefühl wieder zu bekommen...

Mein Sohn wird lernen müssen damit zu leben, sage ich mir, und dass es viel schlimmer wäre, wenn ich gar nicht schreiben würde. Dann wäre ich dauernd schlecht drauf und so kommt auch mal ein fröhliches Buch... Außerdem lernen die Kinder dadurch, dass die Mutter eine eigene Person ist und auch Interessen hat. Zumindest habe ich das mal gelesen.
Also ich würde tauschen. Ich glaube, ich fände mich als meine eigene Mutter eigentlich ganz gut. Dabei hatte ich eine Hausfrauenmutter, deren Wohnung immer aufgeräumt war.

Aber man sucht sich das nicht aus. Leider. Vielleicht sage ich das meinem Sohn mal, wenn er alt genug ist sich zu beschweren...

Katrin Stehle ist Autorin, die bisher fünf Kinder- und Jugendbücher veröffentlicht hat. Außerdem entwickelt sie Theaterstücke in einem interaktiven Prozess mit den Darstellern. Momentan versucht sie finanziell zu überleben und ihre Arbeit damit zu vereinbaren Mutter für ihren 1 1/2jährigen Sohn zu sein und mit ihrem Partner, der Videokünstler ist zusammen zu leben. Website:www.katrinstehle.de, email:katrin.stehle@web.de

1 comment:

Anonymous said...

Katrin,
Toll, einfach toll!